Das Erlenmatt Süd-Areal erstreckt sich in Basel neben der Autobahn auf dem alten Gleisfeld des Rangierbahnhofs. Durch eine städtebauliche Perlenkette an der Autobahn werden auf dem, von der Stiftung Habitat entwickelten Areal, doch Wohnnutzungen möglich.

Sitautionsplan Erlenmatt © Architektur Basel / Maps BS
Das Studierendenhaus an der Signalstrasse auf der Erlenmatt Ost ist Teil dieser Perlenkette und bildet somit neben dem Silo, der Cooperative d’Atelier und weiteren Gebäuden den Schallschutz für das Quartier. Diese städtebauliche Setzung führte im Gestaltungsprozess zu ungewöhnlichen Einschränkungen, welche durch geschickte gestalterische Themen zum Herzstück des Entwurfs wurden und zum innovativen Charakter des Wohnungsbaus beitragen. Beispielsweise braucht das Haus, um die Belüftung der Zimmer zu gewährleisten einen Innenhof, da das Lüften an der Fassade zur Autobahn zu grossen Lärmbelastungen führen würde.

Innenhof nach der Realisierung © Gian Fenner
Die klar definierte Zielgruppe – Studierende – ermöglichte es, ganz spezifische Räume anzubieten und etwaige Abstriche bei den Zimmergrössen zu machen. Des weiteren erlaubt die fixe Definition einen radikalen Grundsatz: Keine Anonymität im Wohnungsbau. So wird der Innenhof zum Zentrum des Entwurfs und zum Ort der unausweichlichen sozialen Begegnung. Über den Innenhof und Brücken werden die einzelnen Balkone der 16 Wohnungen, Erschliessungszonen und die einzelnen Wohneinheiten verbunden. Wenn Bewohnerinnen und Bewohner im Innenhof oder auf dem Balkon sitzen, können sie gemeinsam den Abend ausklingen lassen, egal in welcher Wohnung sie zuhause sind.
Betritt man die 4-, 6- oder 7-Zimmer-WG, steht man in der Küche, dem Zentrum des Studierendenlebens. Man begegnet vielleicht jemandem, der gerade kocht, blickt vom Balkon aus in die anderen Wohnungen oder gesellt sich bei einer gegenüberliegenden Wohngemeinschaft zu einem Fest dazu. So wurde das Gebäude an der Signalstrasse für die Bewohnenden zu einem Haus mit einer 96-Zimmer-WG. Man teilt sich zwar Küche und Aufenthaltsbereich, doch letztlich suchen sich alle selbst aus, mit wem man Zeit verbringen möchte. Der Hof und die Brücken werden zum Scharnier und zum gemeinsamen Wohnzimmer.

Aneignung des Innenhofs nach 3 Jahren © Gian Fenner
Wer aber Privatsphäre und Ruhe braucht, findet diese im Zimmer: In den 4- und 6-Zimmer Wohnungen gehen ein oder zwei offene Treppen symmetrisch in das zweite Geschoss der WG. Zwei Personen teilen sich jeweils eine Treppe. Mit dem Betreten der Treppe begibt man sich in die Privatsphäre der jeweiligen Bewohnerinnen und Bewohner. Ein Filter, der ohne Verschliessen einer Türe auch für Besuchende verstanden wird. Innovativ und ungewöhnlich sind auch die 2.40 Meter breiten WG-Zimmer. Dies ist ein Kompromiss zwischen gemeinschaftlich und privat genutzten Flächen. Wirklich viel Möbel darf man beim Einzug nicht mitbringen, aber trotz der geringen Breite sind die Zimmer auf verschiedene Arten möblierbar.Frappant erscheint uns im Gespräch jedoch, wie wenig die Bewohnenden die grundlegenden Ideen von Duplex Architekten und der Bauträgerschaft erkennen. Beispielsweise wird der von der WoVe geforderte Partyraum für die Studierenden, welcher sich im Wasch-Café befindet, nicht als solcher genutzt. Auch hat sich die Idee des Hofes nicht verwurzelt. Die Aneignung des gemeinsamen Wohnzimmers ist noch immer gering. Die Studierenden wünschen sich sehnlichst Begrünung in Hochbeeten, Sonnensegel oder Markisen.

Gemeinsames Wohnzimmer nur durch Partizipationsprozesse © Gian Fenner
Obschon diese Ideen in der Planung durchaus zu finden sind und als Gemeinschaftsprojekt für die zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner angedacht wurden, werden solche Projekte heute von der WoVe mit dem Brandschutzargument abgewimmelt. Nach unserem Gespräch mit den Bewohnenden haben diese nachgeforscht, ob diese Ideen wenigstens bei den Erstbezügerinnen und -bezügern der Zimmer angekommen sind. Tatsächlich wurde von der WoVe gleich nach Bezug eine Mail für ein mögliches Begrünungsprojekt verschickt, jedoch blieb es nach wenig Resonanz bei diesem. Seitdem wird der Bau einfach verwaltet, ohne sich gross um die Bedürfnisse der Studierenden zu kümmern.
Die Hoffnung liegt in der Zukunft: In wiederkehrenden partizipativen Prozessen zur Aneignung des Hofes und des Wasch-Cafés, welche von der WoVe ausgehen sollten, jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit von den Studierenden in Gang gebracht werden müssen. Denn dass Ideen und Möglichkeiten in einem Studierendenhaus mit hoher Fluktuation weitergetragen werden ist sonst dem Zufall überlassen.
Text: Henning Weiss
Der Text entstammt einer Forschungsarbeit, die im Rahmen des Architekturstudiums an der FHNW in Muttenz von Clemens Spaar, Gian Fenner, Nils Frey und Henning Weiss geschrieben wurde.